Die Wahrheit - nichts als die Wahrheit

Es ist die einfachste Regel der Kommunikation - und sie wird in allen Seminaren, Trainings und Sachbüchern wiederholt: Wer glaubwürdig kommunizieren will, muss wahrheitsgemäss informieren. Punkt.

 

Schwierig zu verstehen ist diese Regel ja nicht. Und trotzdem: Wenn Kommunikation gründlich misslingt, dann liegt der Grund dafür häufig genau darin, dass diese erste und einfachste Regel missachtet wurde.

 

Beispiele dafür gibt es genug:

 

Die Katastrophe im Golf von Mexiko 2010 ist ein Paradefall für misslungene Krisenkommunikation. Der Ölkonzern BP hat anfänglich unter anderem mit falschen Zahlen operiert (betreffend auslaufender Ölmenge) oder versuchte mit unbedarften Vertuschungsmassnahmen die Öffentlichkeit zu beruhigen (die Arbeiter durften keine Schutzmasken tragen).

 

Auch die Schweizer Luftraumsicherung Skyguide kennt das Problem: Beim Flugunfall von Überlingen versagte die Krisenkommunikation auf der ganzen Linie. Unter anderem wegen falscher Behauptungen (voreilige Schuldzuweisung an Piloten) manövrierte sich Skyguide innert weniger Tage kommunikativ ins Abseits. Die Glaubwürdigkeit der Firma ist bis heute angekratzt.

 

Was ist also zu tun?

 

Ganz einfach - und genau so wie zu Beginn erwähnt: Wer kommuniziert, muss sich an die Wahrheit halten. Auch wenn diese Wahrheit unangenehm ist. Denn über kurz oder lang kommt die Wahrheit - in den allermeisten Fällen - sowieso ans Tageslicht. Und wer dann als Lügner/in entlarvt ist, hat seine Glaubwürdigkeit (unter Umständen für sehr lange Zeit) verspielt. Keine Firma, kein Mediensprecher, keine Einzelperson kann sich das leisten.

 

Was ist Wahrheit?

 

Die absolute Wahrheit gibt es in vielen Fällen natürlich nicht. Oft kommunizieren Firmen und Einzelpersonen eine Art subjektive Wahrheit - ihre Sicht der Dinge eben. Das ist natürlich und auch legitim. Aber auch diese subjektive Darstellung sollte - aus Sicht einer sagen wir breiten Öffentlichkeit - in etwa den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen...

 

Was also wird von der Öffentlichkeit als "wahr" oder "unwahr" empfunden?

 

Zur Wahrheit in der (Medien-)Kommunikation gehören - aus meiner Sicht - zwei Dinge: Wer glaubwürdig kommunizieren will, darf natürlich nicht lügen. Er darf aber auch nichts bewusst verschweigen.

 

Die (un)absichtliche Lüge

 

Absichtliches Verleugnen oder "Verdrehen" der objektiven Gegebenheiten ist wohl der schlimmste aller Kommunikationsfehler. Firmen, die absichtlich falsche Tatsachen verbreiten oder versuchen, mit mehr oder weniger geschickten Formulierungen Vorgänge in ein besseres Licht zu rücken, verlieren nicht nur ihre Glaubwürdigkeit, sondern auch massiv an Sympathie. Sie bleiben der Öffentlichkeit damit im schlimmsten Fall lange in Erinnerung - in schlechter Erinnerung.

 

Aber auch in der Kommunikation gilt: Torheit schützt vor Strafe nicht. Auch wer etwas Falsches erzählt, weil er es nicht besser weiss, der lügt streng genommen - er erzählt eben nicht die Wahrheit. Unwissen als Entschuldigung im Nachhinein schützt selten vor Glaubwürdigkeitsverlust. Skyguide lässt grüssen.

 

Nicht ganz alles sagen...

 

Eine beliebte Taktik von Medienstellen ist - zum Beispiel bei unerfreulichen Geschäftsabschlüssen - die "Verklausulierung" (so schreiben, dass es keiner versteht oder man es einfach überliest) oder - im schlimmsten Fall - das komplette Verschweigen von einigen Tatsachen... den unschönen natürlich.

Auch diese Taktik dürfte - auf längere Sicht - daneben gehen. Einige kritische Nachfragen, eine schlecht vorbereitete Auskunftsperson der Firma, der ausführliche Geschäftsbericht... die ganze Wahrheit kommt oft schnell ans Licht. Und der Image-Schaden ist damit perfekt.

 

Krisenkommunikation konkret

 

Das Rezept ist also einfach: Wer eine Krise (welcher Art auch immer) kommunizieren muss, der soll sich an die Wahrheit halten.

 

Nehmen wir ein Beispiel: Die Firma XY hat Gift auslaufen lassen in den Dorfbach. Ein Mitarbeiter hat offenbar einen Fehler gemacht.

Was schreibt die Firma XY nun in ihrer Medienmitteilung? Die Wahrheit.

Also: Es ist Gift ausgelaufen, das Gift stammt aus unserer Firma (wir lügen nicht, sondern sagen die Wahrheit). Dafür entschuldigt sich die Firma XY (ein bisschen Empathie schadet sicher nicht). Der Grund für den Unfall ist noch nicht klar (wir wissen es noch nicht wirklich, also sagen wir auch nichts Falsches), aber die Firma XY geht der Sache natürlich auf den Grund - so schnell wie möglich - und arbeitet mit den Behörden konstruktiv zusammen (und das muss dann auch so sein!).

 

Wenn ein Journalist diese Mitteilung liest und dazu auch noch ein ausführliches Interview mit dem Geschäftsführer bekommt - dann wird er wohl kaum einen grossen Skandal aus der Geschichte machen. Die Firma wahrt ihre Glaubwürdigkeit - auch für künftige (Un-)Fälle.

 

Und noch ein Wort zu Social Media...

 

Weil ja im Moment sowieso jeder davon spricht: Wer als Firma auf Facebook, Flickr, Twitter und Google+ aktiv ist - der sollte es mit der Wahrheit erst recht sehr genau nehmen. Denn die Masse an kritischen Kunden, Anwohnerinnen oder Mitarbeitern, die sich auf Social Networks bewegen, bringt die Wahrheit noch schneller ans Licht als ein paar fleissige Journalisten es können...

 

Fazit

 

Es würde sich lohnen, sich an die erste und eiserne Regel der Kommunikation zu halten: Wer glaubwürdig kommunizieren will, der muss die Wahrheit sagen. Weshalb es (noch immer) so viele nicht tun, das weiss der Geier...

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0